Der Master of Finance gehört zu den anspruchsvollsten wirtschaftswissenschaftlichen Aufbaustudiengängen.
Wer in ein Top-Programm einsteigen will, braucht mehr als nur Interesse an Zahlen. Besonders in Deutschland, aber auch international, sind Noten, Testwerte, Praxiserfahrung und das Prestige der Hochschule entscheidend. In meiner Arbeit mit Studieninteressierten sehe ich immer wieder, wie stark bereits die Durchschnittsnote den Zugang limitiert oder eben öffnet.
In diesem Beitrag findest du alle relevanten Informationen, wie hoch die Anforderungen in den gängigen Programmen tatsächlich sind. Alle Tabellen sind direkt im Text eingebettet, damit du nicht nur die Zahlen kennst, sondern auch deren Bedeutung verstehst.
Deutsche Top-Programme: Mindestnoten zwischen 1,3 und 2,0
Die selektivsten Programme in Deutschland verlangen in der Regel keine formale Mindestnote, aber faktisch liegt die Grenze bei etwa 2,0. Wer darüber liegt, hat geringe Chancen auf eine Zusage. Besonders die WHU und die Universität Mannheim gelten als besonders selektiv.
Hochschule | Min. Bachelor-Note | Typische Zulassung | GMAT erforderlich | Aufnahmequote |
---|---|---|---|---|
WHU Master in Finance | Keine feste Grenze | 1,5 – 2,0 | Ja (555–600) | 15 – 25 % |
Frankfurt School of Finance | Keine feste Grenze | 1,7 – 2,5 | Optional | 30 – 50 % |
TU München Finance & Info Mgmt | Keine feste Grenze | 1,5 – 2,0 | Optional (Bonus) | 20 – 30 % |
Universität Mannheim MMM | Keine feste Grenze | 1,3 – 1,7 | Ja (555–600) | 36 % |
EBS Master in Finance | Keine feste Grenze | 1,7 – 2,5 | Ja | 25 – 35 % |
Wer sich auf diese Programme bewirbt, sollte einen Bachelorabschluss mit 1,7 oder besser vorweisen können. Auch ein GMAT über 600 kann entscheidend sein – besonders an der WHU oder Mannheim.
Internationale Spitzenprogramme: ohne 1,3 – 1,7 kaum Chance
In Oxford, Paris oder London zählt jede Nachkommastelle. Diese Programme fordern in der Regel einen First Class oder Upper Second Class Degree, was im deutschen System einem Schnitt zwischen 1,3 und 1,7 entspricht. Der GMAT ist hier nicht nur Zusatz, sondern häufig entscheidend.
Programm | Typische Note | GMAT Durchschnitt | Aufnahmequote |
---|---|---|---|
Oxford MSc Financial Economics | 1,3 – 1,7 | 700+ | unter 10 % |
HEC Paris MiF | 1,5 – 2,0 | 645–655 (Focus) | unter 15 % |
London Business School MiF | 1,3 – 1,7 | 690+ | unter 10 % |
ESCP MSc Finance | 1,5 – 2,0 | Optional | 20 – 30 % |
Oxford verlangt typischerweise eine First Class Performance, HEC Paris akzeptiert auch Bewerber mit leicht schwächeren Noten, erwartet dafür aber ein höheres Testniveau.
Staatliche deutsche Universitäten: solider Einstieg mit 1,5 bis 2,5
Wer nicht an eine private Hochschule möchte, findet auch bei staatlichen Universitäten gute Programme. Die Zugangshürden sind hier etwas niedriger, aber nicht unbedeutend.
Hochschule | Mindestanforderung | Typische Zulassung | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Universität Frankfurt BWL | Keine feste Grenze | 1,5 – 2,0 | Auswahlverfahren mit Gewichtung |
Universität Duisburg-Essen | 2,5 (bis 2,9 möglich) | 1,5 – 2,5 | Sonderregel bei guter Abschlussarbeit möglich |
Universität Hohenheim Finance | Keine Angabe | 1,7 – 2,3 | Berufsbegleitendes Programm |
Diese Programme sind besonders für Bewerber mit einem Abschluss zwischen 2,0 und 2,5 interessant. Wichtig: Selbst bei Universitäten wie Duisburg-Essen wird bei einer Note über 2,5 in der Regel zusätzliche Leistung wie ein sehr gutes Bachelorprojekt erwartet.
Auswahlmechanismen: Punkte statt reiner Note
Viele Programme nutzen heute Punkte- oder Scoring-Systeme. Das bedeutet, dass nicht nur die Note zählt, sondern auch Praktika, Auslandserfahrung, Sprachkenntnisse und Tests.
Zum Beispiel sieht das System an der Universität Mannheim im Detail so aus:
Mannheim MMM (max. 150 Punkte):
- Bachelor-Endnote: 60 Punkte
- GMAT/GRE: 60 Punkte
- Auslandssemester: 22 Punkte
- Praxiserfahrung: 6 Punkte
Auch staatliche Unis wie Frankfurt gewichten sehr strukturiert:
Frankfurt Uni Master BWL (gewichtetes Verfahren):
- Bachelor-Note: 51 %
- Quantitative ECTS: 39 %
- Durchschnittsnote quantitativer Module: 10 %
Das zeigt: Eine 1,5 in BWL ist nicht gleichwertig mit einer 1,5 in Medienwissenschaften, wenn die quantitativen Anteile fehlen.
GMAT: Wann er verpflichtend ist und wann Bonus bringt
Der GMAT ist in vielen Programmen unverzichtbar. Besonders an der WHU, Oxford oder LBS wird ein Score von 650 oder mehr erwartet. An anderen Universitäten wird er als Bonus betrachtet oder nur bei Bewerbern aus bestimmten Ländern eingefordert.
Hochschule | GMAT Minimum | Durchschnitt | Alternative |
---|---|---|---|
WHU | 555 (Focus) | ca. 600 | GRE äquivalent |
HEC Paris | Keiner | 645 – 655 | GRE, TageMage |
Oxford | Keiner | 743 | GRE General |
TU München | Optional | Bonuspunkte | Pflicht für bestimmte Herkunftsländer |
An der TU München ist der GMAT verpflichtend für Bewerber aus Ländern wie Indien, Pakistan oder China, mit einem Minimum von 65 % Percentile.
Entwicklung der Anforderungen: Selektion wird schärfer
Die Anforderungen steigen kontinuierlich. Das zeigt sich besonders am Beispiel Universität Mannheim:
Jahr | Aufnahmequote | Grenz-Punkte (von 150) |
---|---|---|
2023 | 67 % | ca. 72 |
2024 | 63 % | 68 – 69 |
2025 | 36 % | 74 |
Auch an der Frankfurt School sanken die Aufnahmequoten deutlich. Während sie 2018 noch bei 14,3 % lag, wird heute von deutlich selektiveren Verfahren ausgegangen. Die Top-Plätze gehen fast ausschließlich an Kandidaten mit einem Mix aus Topnoten, Berufserfahrung und Auslandshintergrund.
Was kann ich tun bei schlechteren Noten?
Wenn dein Notendurchschnitt nicht bei 1,3 bis 1,7 liegt, ist das kein automatisches Aus. Aber du brauchst eine andere Strategie. Ich begleite viele Bewerberinnen und Bewerber, die nicht mit einem perfekten Zeugnis glänzen können – und trotzdem in starke Programme kommen. Der Unterschied liegt nicht in der Note, sondern in der Planung.
1. Stärke dein Profil über Praxiserfahrung
Wenn dein Schnitt schwächer ist, brauchst du einen anderen Beweis für Leistungsfähigkeit. Nichts funktioniert besser als relevante Berufserfahrung.
Das bedeutet konkret:
- Praktika in Audit oder Transaction Services bei einer Big Four
- M&A oder Corporate Finance bei einem mittelständischen Unternehmen
- Analyst-Position in einer Boutique-Investmentbank
- Werkstudentenstelle in Strategy, Controlling oder Accounting
Zwei bis drei relevante Stationen können eine 2,3 aufwerten. Sie zeigen, dass du nicht nur Theorie kennst, sondern den Beruf verstehst.
2. Ein starker GMAT kann vieles ausgleichen
Ein GMAT-Score über 650 ist bei schwächeren Noten Pflicht. Wer auf über 700 kommt, signalisiert akademisches Potenzial. Das zeigt den Auswahlkomitees: Du kannst dich fokussieren, lernen, unter Druck Leistung bringen.
Ein starker GMAT ersetzt keine Note – aber er relativiert sie. Viele Programme werten ein gutes Testergebnis als Zeichen für deine aktuelle Leistungsfähigkeit, nicht nur für deine Vergangenheit.
Eine schwächere Note ist kein Karriereende. Aber sie macht deine Aufgabe klarer: Du brauchst mehr Profil, mehr Vorbereitung und mehr Struktur in deiner Bewerbung. Ich habe Bewerber mit 2,4 gesehen, die mit GMAT 700, zwei starken Praktika und klarem Ziel in Programme wie die Frankfurt School oder Nova SBE gekommen sind.
3. Nutze gezielt Programme mit flexiblen Zulassungen
Es gibt Programme, die bewusst keine festen Notengrenzen haben.
Die Frankfurt School ist ein Beispiel: Hier werden auch Bewerber mit 2,5 oder leicht schlechter in Betracht gezogen, wenn das Gesamtprofil überzeugt.
Andere Optionen sind:
Hochschule | Notenflexibilität | Besondere Hinweise |
---|---|---|
Frankfurt School | Teilweise bis ca. 2,5 | Assessment möglich, Fokus auf GMAT und Praxis |
Uni Duisburg-Essen | Bis 2,9 bei starker Leistung | Ausgleich durch Thesis oder Praxiserfahrung |
Nova SBE (Portugal) | Bis 2,4 offiziell akzeptiert | Weniger formale Hürden, aber internationaler Fokus |
EBS | Flexibler mit gutem GMAT | Praxis + Interview zählen mehr als Note |
4. Gap Year sinnvoll nutzen
Ein häufig unterschätzter Hebel ist ein strategisches Gap Year. Statt dich sofort auf einen Master zu bewerben, nimm dir ein Jahr und fokussiere dich auf:
- Praktika in Finance-relevanten Bereichen
- Vorbereitung auf den GMAT
- Zertifikate (z. B. CFA Level 1 oder Financial Modeling-Kurse)
- Auslandserfahrung oder Sprachqualifikation
So zeigst du: Du arbeitest an dir. Du nimmst Feedback ernst. Und du willst wachsen. Das wird in Auswahlgesprächen hoch bewertet.
5. Berufsbegleitende und Executive-Programme als Option
Wenn du bereits erste Berufserfahrung hast oder parallel im Job bleiben willst, könnten berufsbegleitende Masterprogramme für dich passen. Diese Programme achten weniger auf die Note, sondern mehr auf deine Entwicklung im Job.
Beispiele:
- Frankfurt School Part-Time Master in Finance
- ESMT Berlin Executive Master in Finance
- HHL Part-Time MSc in Finance
Hier sind Bewerbungsgespräche wichtiger als Notenlisten. Das Profil zählt mehr als der Schnitt.
6. Bewerbungsstrategie und Storytelling sind entscheidend
Wenn du keine Topnote mitbringst, muss deine Geschichte umso besser sein. In deinem Motivationsschreiben solltest du erklären, was dich antreibt, wie du aus Fehlern gelernt hast, was du heute anders machst.
Vermeide Ausreden. Niemand will hören, dass der Prof unfair war. Zeig stattdessen: Du hast gelernt, dich entwickelt und nimmst Verantwortung.
Fazit: Wer 1,3 bis 1,7 erreicht, hat die größte Auswahl
Der Notendurchschnitt ist die Eintrittskarte. Für Top-Programme liegt die Erwartung realistisch zwischen 1,3 und 1,7. Wer sich in dieser Bandbreite bewegt, kann sich zwischen Mannheim, WHU, Oxford oder der LBS frei entscheiden – vorausgesetzt, das Gesamtprofil stimmt.
Wer zwischen 1,8 und 2,3 liegt, hat viele Chancen, muss aber mehr über Praxiserfahrung, GMAT und Motivation ausgleichen. Ab 2,4 wird es selektiv, aber nicht unmöglich. Berufserfahrung, gezielte Zertifikate und strategische Bewerbungen machen hier den Unterschied.
Ich sage meinen Klientinnen und Klienten immer: Noten sind der härteste Filter, aber nicht der einzige. Wer mit Strategie, Realismus und Vorbereitung vorgeht, hat auch mit einer 2,3 noch Chancen auf ein solides Finance-Programm. Wer sich auf Prestige allein verlässt, wird oft enttäuscht. Wer aber gezielt auswählt, kommt weiter als man glaubt.