Die Gehälter der DAX-Vorstände haben 2024 wieder einmal alle Rekorde gebrochen. Mit durchschnittlich 2,65 Millionen Euro pro Vorstandsmitglied – einem Anstieg von satten 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – ist die Diskussion über Gerechtigkeit und Angemessenheit dieser Gehälter lauter denn je.
Besonders wenn man auf Einzelfälle wie SAP-Chef Christian Klein schaut, der 2024 unglaubliche 19 Millionen Euro eingesackt hat. Das alles passiert vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Unternehmensleistungen, verschärfter Regularien und wachsender Kritik von Aktionären und Arbeitnehmern.
Aber wie setzen sich diese Summen eigentlich zusammen? Und warum verdienen manche CEOs so viel mehr als andere? Eins ist klar: Die DAX-Gehälter sind alles andere als einheitlich – und auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit gibt es weiterhin massive Unterschiede.
Wie die Vergütungen im DAX wirklich aussehen
Eine aktuelle Studie von EY, das „Mixed Compensation Barometer 2024“, zeigt, dass CEOs im DAX durchschnittlich 3,7 Millionen Euro verdienen – ein Anstieg von 16 Prozent gegenüber 2023. Dagegen stiegen die Gehälter einfacher Vorstandsmitglieder ohne CEO-Status nur um 8 Prozent. Allein diese Zahlen zeigen schon, wie sich die Gehaltsschere selbst innerhalb der obersten Management-Ebene weiter öffnet.
Im Schnitt liegt die Medianvergütung der DAX-CEOs bei 6,11 Millionen Euro, während im MDAX ein Rückgang der Gehälter um 11 Prozent zu verzeichnen ist – hier verdienen CEOs durchschnittlich nur noch 2,48 Millionen Euro. Interessant ist, dass diese Diskrepanz vor allem durch unterschiedliche Branchen betroffen ist: Während Tech-Unternehmen wie SAP von der Digitalisierungswelle profitieren, hängen Automobil- und Chemiekonzerne im MDAX hinterher.
Besonders spannend wird es, wenn man auf die regionalen Unterschiede schaut. In Baden-Württemberg, der Heimat von Schwergewichten wie SAP, Mercedes-Benz und Porsche, verdienen CEOs im Schnitt unglaubliche 12,3 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie der bayerische Durchschnitt von 6,7 Millionen Euro. Grund dafür ist vor allem die Dominanz technologieorientierter Unternehmen in dieser Region.
Durchschnittsgehalt (2024) | Veränderung zu 2023 | Besonderheiten | |
---|---|---|---|
CEOs im DAX | 3,7 Mio. € | +16 % | Medianvergütung liegt bei 6,11 Mio. € |
Einfache Vorstandsmitglieder (DAX) | Nicht angegeben | +8 % | Deutlich geringerer Anstieg als bei CEOs |
CEOs im MDAX | 2,48 Mio. € | -11 % | Besonders betroffen: Automobil- und Chemiekonzerne |
CEOs in Baden-Württemberg | 12,3 Mio. € | – | Fast doppelt so hoch wie in Bayern, aufgrund technologieorientierter Unternehmen (SAP, Mercedes-Benz, Porsche) |
CEOs in Bayern | 6,7 Mio. € | – | Durchschnitt liegt weit unter dem von Baden-Württemberg |
Vergütungspakete: So sieht die Gehaltsstruktur von einem DAX-Vorstand aus
Die Vergütung von DAX-Vorständen setzt sich in der Regel aus drei Hauptkomponenten zusammen:
- Feste Vergütung (28-35 %):
- Beispiel: Christian Klein (SAP) verdient ein Grundgehalt von 1,1 Millionen Euro, während Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius mit 2,4 Millionen Euro an der Spitze liegt.
- Kurzfristige Boni (30-40 %):
- Diese sind oft an operative Ziele wie Umsatzwachstum oder EBIT-Margen geknüpft. Klein konnte hier 5,4 Millionen Euro abstauben – immerhin 28 % seiner Gesamtvergütung.
- Langfristige Anreize (25-35 %):
- Hier geht es um aktienbasierte Instrumente, die oft an Börsenperformance oder ESG-Ziele gebunden sind. Kleins langfristige Boni beliefen sich auf 12,5 Millionen Euro, was maßgeblich auf einen Aktienkursanstieg von 126 % seit 2020 zurückzuführen ist.
Was besonders ins Auge fällt: Während immer mehr Unternehmen damit werben, Nachhaltigkeitskriterien in ihre Boni einzubauen, sieht die Realität anders aus. Nur 15-20 % der variablen Vergütung sind wirklich an ESG-Ziele gebunden, während klassische Finanzkennzahlen immer noch dominieren.
SAP zum Beispiel wendet gerade mal 12 % der Boni auf ESG-Indikatoren an – und das, obwohl das Unternehmen seine CO₂-Ziele 2024 klar verfehlt hat.
Frauen im DAX-Vorstand: Scheinbarer Fortschritt mit bitterem Beigeschmack
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden Frauen im DAX endlich aufholen. Laut EY verdienten weibliche Vorstände 2024 im Schnitt 2,42 Millionen Euro, während Männer „nur“ auf 2,26 Millionen Euro kamen. Also alles gut? Nicht wirklich. Denn diese Zahlen verschleiern systematische Ungleichheiten.
- Rollenverteilung: 68 % der weiblichen Vorstände sind in sogenannten Support-Funktionen tätig wie Personal, Compliance oder Nachhaltigkeit – Bereiche, die durchschnittlich 18 % weniger Boni bieten als operative Ressorts.
- Karrierelevel: Nur 9 % der DAX-CEOs sind weiblich. Die einzige Frau in der CEO-Riege, Belen Garijo Lopez von Merck, verdiente 2024 zwar 10,5 Millionen Euro, doch das ist die absolute Ausnahme.
- Erfahrungszuschläge: Frauen im Vorstand sind im Schnitt jünger (49 Jahre) als ihre männlichen Kollegen (54 Jahre), was zu geringeren Erfahrungszuschlägen führt.
Erstaunlicherweise hat sich der Trend im Jahr 2024 sogar umgekehrt: Männer verdienten im DAX durchschnittlich 3,3 Millionen Euro, Frauen nur noch 3,1 Millionen Euro. Das klingt erst mal nicht dramatisch, aber der Unterschied von 6,5 % ist nicht zufällig entstanden.
Ein Hauptgrund dafür: Frauen sitzen überproportional häufig in Krisenressorts, die Budgetkürzungen stärker spüren. Männer hingegen agieren häufiger in profitablen Kernbereichen wie Produktion oder Vertrieb.
Systemische Barrieren und warum sie nicht verschwinden
Studien der Technischen Universität München zeigen, dass es klare Probleme gibt:
- Networking-Defizite: 89 % der Aufsichtsratsvorsitzenden sind männlich und bevorzugen bei Gehaltsverhandlungen oft Kandidaten, die ihrem Profil entsprechen.
- Fehlende Verankerung von ESG-Boni: Nachhaltigkeitsziele werden bei Frauenressorts eher berücksichtigt, aber sie machen oft nur 15-20 % der variablen Vergütung aus.
- Karrierewege: Frauen werden seltener in profitverantwortliche Positionen befördert – nur 12 % der operativen Bereichsleiter im DAX sind weiblich.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert deshalb nicht nur mehr Frauen in operativen Führungspositionen, sondern auch, dass mindestens 40 % der Boni an ESG-Ziele gekoppelt werden.
Die Frage bleibt: Werden die DAX-Unternehmen endlich aufwachen und ihre Vergütungsstrukturen grundlegend ändern? Oder bleibt alles beim Alten – mit ein paar ESG-Alibi-Projekten als Feigenblatt?
Case Study: Wie die DAX-Spitzenverdiener ihre Millionen verdienen
Die Diskussion um die Gehälter der DAX-Vorstände ist 2024 lauter denn je – vor allem, wenn man sich ansieht, wer hier abräumt und wie sich diese Zahlungen zusammensetzen. Schauen wir uns mal die größten Spitzenverdiener unter den DAX-Vorständen an und warum ihre Vergütungspakete so kontrovers diskutiert werden.
Name | Unternehmen | Gesamtvergütung (2024) | Festgehalt | Kurzfristiger Bonus | Langfristige Anreize / Rückstellungen | Sonderzulagen |
---|---|---|---|---|---|---|
Christian Klein | SAP | 19 Mio. € | 1,1 Mio. € | 5,4 Mio. € | 12,5 Mio. € (SAP-Aktien) | Keine |
Ola Källenius | Mercedes-Benz | 12,7 Mio. € | Nicht angegeben | Keine | 4,2 Mio. € (Boni von 2021/2022) | Aktienrückkaufprogramm: 3 Mrd. € (22 % Kursanstieg) |
Oliver Blume | VW / Porsche | 10,35 Mio. € | 6,2 Mio. € (VW) | Keine | 4,15 Mio. € (Porsche) | 1,5 Mio. € (Synergienutzung) |
Christian Klein (SAP): 19 Millionen Euro durch den Aktienboom
Mit gerade mal 44 Jahren setzt sich Christian Klein 2024 an die Spitze der DAX-Verdiener und sahnt stolze 19 Millionen Euro ab. Das ist eine Steigerung von satten 165 % im Vergleich zu 2023. Doch wie kommt diese Zahl zustande?
Vergütungselement | Betrag | Veränderung zu 2023 |
---|---|---|
Festgehalt | 1,1 Mio. € | +4 % |
Kurzfristiger Bonus | 5,4 Mio. € | Übererfüllte Cloud-Umsatzziele |
Langfristige Anreize | 12,5 Mio. € | Fällig nach vier Jahren durch SAP-Aktien |
Vor allem die langfristigen Anreize pushen Kleins Gesamtpaket nach oben. Die Auszahlung von 12,5 Millionen Euro in SAP-Aktien ist dabei an eine vierjährige Haltefrist geknüpft. Der massive Anstieg des Aktienkurses um 126 % seit 2020 macht diese Boni besonders wertvoll.
Doch das Problem liegt woanders: Während Klein seine Vergütung um 165 % steigern konnte, haben SAP-Mitarbeiter im Schnitt nur 2,4 % mehr Lohn bekommen – bei einer Inflation von 3,8 %. Eberhard Schick, der Betriebsratsvorsitzende, spricht hier von einem klaren „Vertrauensverlust in die Führungsetage“.
Ola Källenius (Mercedes-Benz): Millionen trotz Gewinneinbruch
Auch Ola Källenius schneidet 2024 mit einer beachtlichen Gehaltserhöhung ab. Seine Gesamtvergütung klettert auf 12,7 Millionen Euro – ein Plus von 80 % im Vergleich zum Vorjahr. Dabei verzeichnete Mercedes-Benz in der Elektrosparte einen Gewinnrückgang von 18 %.
Vergütungselement | Betrag | Besonderheit |
---|---|---|
Rückstellungen aus Vorjahren | 4,2 Mio. € | Boni von 2021/2022 (Margenziele) |
Aktienrückkaufprogramm | 3 Mrd. € | Kurssteigerung von 22 % durch Aktienrückkäufe |
Ein entscheidender Punkt hier: 4,2 Millionen Euro seiner Vergütung stammen aus Boni, die an alte Margenziele aus 2021 und 2022 geknüpft sind. Doch der eigentliche Clou liegt im Aktienrückkaufprogramm. Mercedes-Benz kaufte eigene Aktien im Wert von drei Milliarden Euro zurück, was den Kurs um 22 % nach oben schob – unabhängig davon, wie erfolgreich das operative Geschäft wirklich lief.
Aktionäre kritisieren dieses System scharf. Warum? Weil es kurzfristige Kurssteigerungen massiv begünstigt, ohne wirklich nachhaltige Wertschöpfung zu erzeugen.
Oliver Blume (VW/Porsche): Zwei CEOs für den Preis von einem?
Oliver Blume hat sich eine ziemlich einzigartige Position im DAX geschaffen. Seit 2022 hält er gleich zwei CEO-Posten inne – bei VW und Porsche. 2024 bringt ihm diese Doppelrolle insgesamt 10,35 Millionen Euro ein.
Unternehmen | Betrag | Veränderung |
---|---|---|
VW-Anteil | 6,2 Mio. € | +8 % |
Porsche-Anteil | 4,15 Mio. € | +4,5 % |
Sonderzulage | 1,5 Mio. € | Für „Synergienutzung“ |
Besonders umstritten ist hier die Sonderzulage von 1,5 Millionen Euro, die Blume für „Synergienutzung“ erhält. Kritiker bemängeln, dass nachweisbare Synergien zwischen VW und Porsche gar nicht erkennbar sind. Dass er trotzdem diese Zahlungen einstreicht, wird durch eine Ausnahmeregelung im Deutschen Corporate Governance Kodex ermöglicht.
Regulatorische Entwicklungen: Gehälter von DAX-Vorständen im Wandel
Natürlich bleibt es nicht nur bei Kritik. Die EU wird ab 2026 mit neuen Vorschriften für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit bei den Vorstandsgehältern sorgen. Was wird konkret passieren?
- Lohnberichterstattung: Unternehmen müssen künftig Gehaltsunterschiede nach Geschlecht sowie alle Entgeltkomponenten (Fixgehälter, Boni, Aktienpakete) detailliert darstellen.
- ESG-Kriterien: Mindestens 30 % der variablen Vergütung müssen an Nachhaltigkeitsziele geknüpft werden – was für viele Unternehmen wie ein Schock kommen dürfte.
- Gegenwind von Aktionären: Schon jetzt haben 43 % der DSW-Mitglieder (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) im Jahr 2024 gegen Vergütungsberichte gestimmt, die keine klaren ESG-Kennzahlen enthielten.
Zukunftsausblick und geplante Reformen
Der Trend zu immer höheren Vorstandsgehältern wird sich wohl fortsetzen. Die Hans-Böckler-Stiftung erwartet für 2025 Gehaltserhöhungen von 8 bis 12 %.
Die Hauptgründe dafür:
- Nachholbedarf bei Boni: 2023 wurden nur 68 % der langfristigen Zielwerte ausgezahlt. Das treibt die Vergütung für 2025 zusätzlich an.
- Inflationäre Anpassungen: Festgehälter sollen um 5,8 % steigen – deutlich über der erwarteten Inflation von 3,2 %.
- Internationaler Wettbewerb: DAX-Konzerne planen, ausländischen Top-Managern 15 % mehr zu zahlen, um Abwanderungstendenzen zu verhindern.
Dazu kommen Forderungen von Forschungseinrichtungen wie dem Max-Planck-Institut, die vorschlagen:
- Eine Gehaltsobergrenze von maximal dem 50-fachen des Mitarbeiterdurchschnitts.
- Transparenzpflichten, die Krisenbewältigungs-Boni gesondert ausweisen.
- Mindestens 40 % der variablen Vergütung an ESG-Ziele koppeln.
Die Gehälter der DAX-Vorstände bleiben also ein brandheißes Thema – und genau deshalb ist es so wichtig, dass du die Details kennst, wenn du wirklich in diese Welt einsteigen willst.
Fazit: DAX-Vorstandsgehälter – Ein System am Limit?
Die DAX-Vorstandsgehälter sind regelrecht explodiert. CEOs verdienen im Schnitt 3,7 Millionen Euro, während SAP-Boss Christian Klein mit 19 Millionen Euro an der Spitze steht. Klar, dass solche Zahlen für Diskussionen sorgen – vor allem, wenn die Gehälter der Mitarbeitenden gleichzeitig nur minimal steigen.
Und das Problem ist nicht nur die Höhe der Gehälter, sondern auch die massive Ungleichverteilung. Tech-Giganten wie SAP und Mercedes-Benz zahlen absurd hohe Summen, während andere Branchen und Regionen deutlich hinterherhinken. Dazu kommt, dass Nachhaltigkeitsziele zwar oft erwähnt, aber kaum in die Vergütung einbezogen werden.
Für dich als Berufseinsteiger ist das ein zweischneidiges Schwert: Die Zahlen zeigen, was in der Welt der Konzerne möglich ist. Aber sie machen auch klar, dass du dich in einem System bewegst, das immer stärker hinterfragt wird. Die Frage ist: Willst du Teil dieser Welt werden und vielleicht irgendwann selbst an der Spitze stehen? Oder willst du dazu beitragen, dass sich etwas ändert? Das Spielfeld ist bereitet.